14.05.2018

Netzunabhängig?

 

Papa, Mama und ich gehen wirklich gerne auf Mittelaltermärkte. Weil es dort schöne Musik, gutes Essen, tolle Kleidung und meistens eine wunderbare Kulisse gibt. Alles ist ein bisschen anders als heute eigentlich üblich: Entspannter, gleichzeitig lauter und aufregender. Ich finde natürlich die Ritter immer besonders toll!

Aber jedes Mal, egal ob in Dreieichenhain oder auf der Ronneburg, wird Papa und Mama bewusst, dass diese Zeit, so schön es ist mal einen Tag darin „abzutauchen“, absolut die falsche Zeit für mich gewesen wäre. Der Kontrast wird schnell klar wenn man mich und meinen Buggy an der Feuerstelle stehen sieht: Ich habe einfach ne Menge Geräte dabei, die eben nur bedingt netzunabhängig sind. Und damit meine ich natürlich das Stromnetz. Vieles läuft schon über mehr oder weniger gute Akkus, sodass ich überhaupt die Möglichkeit habe mich von einer Steckdose zu entfernen. Und doch gibt es Momente in denen Papa und Mama ein wenig ins Straucheln kommen. So zum Beispiel vor zwei Wochen, als wir morgens um fünf plötzlich Stromausfall hatten.

Leider hielt er dieses Mal auch etwas länger an als bei kleinen Störungen sonst üblich: Etwas mehr als zwei Stunden mussten meine Geräte zeigen, wie gut sie denn wirklich netzunabhängig arbeiten können. Um euch einen Überblick zu verschaffen zeige ich euch nun mal wie viele ich wirklich habe, was sie jeweils können/wofür sie gut sind und wie es mit der Akkuleistung so aussieht:

  • Das wichtigste, vor allem wenn ich schlafe, ist das Beatmungsgerät. Das pustet mir nämlich in einer vorgegebenen Frequenz mit festgelegtem Druck immer wieder Luft in die Nase. Dabei wird kein Sauerstoff zugeführt, es ist einfach angesaugte Raumluft. So können sich meine Muskeln erholen, ich muss die ganze Atemarbeit nicht allein erledigen, kann mich fallen lassen und wirklich gut ausruhen. Da ich immer zum Schlafen und auch sonst wenn ich erschöpft oder krank bin beatmet werde, habe ich zwei von diesen Geräten Zuhause. Falls eins mal ausfällt. Auch ein extra großer externer Akku ist an einem Gerät dran, denn der interne reicht pro Gerät nur 3-4 Stunden. Wenn beide voll aufgeladen sind kann ich unter Ausschöpfung aller Ressourcen rund 15-16 Stunden netzunabhängig, also unterwegs oder im Fall eines Stromausfalls, beatmet werden.

 

  • In meinem Zimmer ist außerdem zwischen dem Gerät und mir ein Heizbefeuchter installiert. Die Schläuche die vom Gerät kommen werden also an einen Wassertopf mit darunter liegender Heizplatte angeschlossen, danach läuft ein weiterer Schlauch zu mir, also an meine Giraffen-Maske. In diesem Töpfchen wird, wie ihr ahnen könnt, steriles Wasser erwärmt. Das verdunstet und befeuchtet die vom Gerät gepustete Luft. Gleichzeitig wird die Luft natürlich warm, 37°C sind es bei mir. Ziel ist es das in der Lunge befindliche Sekret immer feucht zu halten, den Schleimhäuten die Aufgabe des Erwärmens und Befeuchtens der Atemluft also etwas abzunehmen. Wegen der hohen Leistung die so ein Heizbefeuchtet erbringen muss (Papa sagt immer, dass es wie ein Wasserkocher sei) hat er leider überhaupt keinen Akku und ist somit komplett netzabhängig. Sobald also kein Strom mehr verfügbar ist kann auch meine Atemluft nicht mehr erwärmt und befeuchtet werden. Über kürzere Zeiträume kann ich das ganz gut wegstecken, auch unterwegs haben wir ja keine Befeuchtung dabei. Nach zwei bis drei Stunden, je nach Außentemperatur auch früher, wird es aber auch bei mir kritisch. Die einzige Möglichkeit ist dann…

 

  • …der Aeroneb! Das ist ein Vernebler, sprich ein Inhalationsgerät. Praktischerweise kann man den in die Schläuche der Beatmung einbauen, sodass ich während der Beatmungszeiten direkt mit inhalieren kann und nicht noch außerhalb davon den Pariboy benutzen muss. Zwischen den Heizbefeuchter und die Schläuchen die zu mir führen wird ein T-Stück gesteckt, worauf man dann die Verneblerkammer anbringen kann. In diese wird das Inhalat gefüllt (Kochsalzlösung oder im Krankheitsfall auch Medikamente). Auch ein Kabel wird dort eingesteckt, welches zum eigentlichen Gerät führt: Ein kleines Kästchen an dem man die Verneblungszeit auswählen und den Vorgang starten kann. Tatsächlich hat auch dieses Gerät einen Akku, weshalb es so wertvoll ist wenn der Befeuchter ausfällt. Leider hält dieser nur für zwei bis drei Inhalationen. Theoretisch also auch netzunabhängig, in der Realität können wir aber auch nur ganz wenige Stunden damit überbrücken.

 

  • Noch ein ständiger Begleiter ist mein CoughAssist, ein Hustenassistent. Wie der Name schon sagt hilft er mir dabei kräftig zu husten, sodass wirklich alles an Sekret aus der Lunge seinen Weg nach draußen findet. Über eine Maske, die Nase und Mund umschließt, wird zuerst für knapp eine Sekunde Luft in meine Lunge gepustet. Gleich darauf zieht das Gerät die Luft unter einer Art Vibration (Oszillation) für einige Millisekunden länger wieder heraus. Dabei huste ich (manchmal) richtig mit oder „brülle“ die Luft heraus. Dabei kommt auch der Schleim mit, der dann abgesaugt wird. Auch der CoughAssist ist netzunabhängig, hat also einen Akku. Im Gegensatz zu den anderen Geräten ist er nicht im Dauerbetrieb, muss aber unbedingt immer einsatzbereit sein, denn auch bei Notfällen kann er schnell helfen. Bisher haben wir es noch nie geschafft den Akku komplett „leer zu husten“. Bei nur wenigen Stunden ohne Strom sollten also hier keine Probleme auftreten.

 

  • Wieder ein Gerät das dauerhaft läuft ist mein Überwachungsmonitor. Über einen Sensor an meinen Fingern oder Zehen misst er den Sauerstoffgehalt im Blut und die Pulsfrequenz. Das ist nicht nur in Notfällen unbedingt nötig, sondern auch im Alltag oft praktisch um frühzeitig zu erkennen wann ich angestrengt bin und die Beatmung benötige oder z.B. zu viel Sekret habe und noch einmal Husten muss. Neben einem guten Gehör und einem geschulten „Samu-Blick“ ist der Monitor meine Lebensversicherung. Auch er ist netzunabhängig und hält etwa sechs Stunden.

 

  • Schlussendlich fehlen noch die Absauggeräte in meiner Aufzählung. Diese brauche ich, damit Papa und Mama oder die Krankenschwestern Speichel und Sekret aus meinem Mund absaugen können, da ich das alles nicht selbst schlucken oder ausspucken kann. Auch hiervon habe ich zwei, zum Glück. Durch das doppelte Vorhandensein und die Netzunabhängigkeit mit langer Akku-Laufzeit können wir jedenfalls diese Geräte betreffend für rund 24 Stunden entspannt bleiben, sollte mal wieder kein Strom da sein.

 

Was bedeutet das also im Ernstfall?

 

 

Wie ihr hier seht sind Papa und Mama nicht unvorbereitet – ein Aggregat steht für solche Fälle immer bereit. Schnell befüllen, starten und den Strom per Verlängerungskabel zu mir ins Zimmer umleiten. Sollte das mal nicht funktionieren dann weiß auch die Feuerwehr Bescheid, dass wir nach spätestens vier Stunden Hilfe brauchen. Ein großes Dankeschön an dieser Stelle an die Feuerwehrmänner aus Waldaschaff! Denn vor einigen Monaten schon kamen sie nach einem kurzen Stromausfall zu uns, erkundigten sich nach mir und fragten (ohne dass wir vorab auf sie zugekommen sind!) ab wann sie Papa und Mama im Fall der Fälle aushelfen müssen. Weit vorausgedacht und wie wir finden: Wie immer sehr engagiert!

Beim Stromausfall vor zwei Wochen, bei dem auch das Bild von Papa am Aggregat entstanden ist, hat übrigens mal wieder Murphys Gesetz gegriffen: Strom länger als 1,5 Stunden weg, also Kabel gelegt, alle meine Geräte umgesteckt, Aggregat gefüllt und in eine entfernte Ecke gestellt. Papa und Mama haben dann gefühlt 300 mal an der doofen Schnur gezogen – nichts passierte. Außer einem Stottern konnten sie dem Ding nichts entlocken. Beim 301. mal meinte Papa plötzlich „Ach übrigens…“ und zeigte auf die Außenlampe im Hof. Die war nämlich plötzlich, kurz nach sieben, wieder an!

 

Wir sind alle zuversichtlich, dass es beim nächsten Mal reibungsloser läuft – Gefahr eines nicht gewarteten Aggregats erkannt und gebannt  😉